Navigation
Eine gemalte Karte von Merheim am Rande des Bruches
Preußische Karte von 1844

Zur Geschichte von Merheim

Dies ist ein Versuch die Geschichte von Merheim in einem größeren regional-geschichtlichen Rahmen darzustellen.

Inhaltsverzeichnis
  1. Der Merheimer Raum entsteht
  2. Erste Beweise menschlichen Lebens
  3. Die ersten Ackerbauern
  4. Grabhügelfelder am Mauspfad und keltische Einflüsse
  5. Römisches Grenzland
  6. Fränkische Landnahme
  7. Unter der Herrschaft der Grafen und Herzöge von Berg
  8. Damalige Wirtschaft
  9. Zeit des Niedergangs
  10. Bessere Zeiten
  11. Die französische Besatzungszeit
  12. Merheim wird preussisch
  13. Einsetztende Industrialisierung
  14. Merheim wächst rasant
  15. Die Bürgermeisterei Merheim wird eingemeindet
  16. Die Nationalsozialisten
  17. Merheim von 1945 bis heute

Der Merheimer Raum ensteht

Nachdem sich das Meer endgültig zurückgezogen und sich die Niederrheinische Bucht gebildet hatte, lag hier im Südteil der Bucht ein großer Süßwassersee. Im warmen (Miozän) wurden hier große Sumpfwälder zu Braunkohle (glücklicherweise im Rechtsrheinischen nicht abbauwürdig). Am Ende dieser Zeit durchbrach der Ur-Rhein die flachen Vorläufer des Rheinischen Schiefergebirges und floss in vielen Schlingen und Schleifen nach Norden Richtung Meer. Der Merheimer Bruch ist eine solche ehemalige eiszeitliche Rheinrinne, die sich von Brück aus über Merheim nach Buchheim zieht und von Bächen und dem Grundwasser der Mittelterrasse gespeist wird.

Erste Beweise menschlichen Lebens

[Zeichnung eines Faustkeils]
Faustkeil
aus Heumar

Ein auf dem Ostfriedhof bei Dellbrück gefundener 15 cm großer sogenannter Kernstein (von welchem die eigentlichen Werkzeuge abgeschlagen wurden), sowie ein bei Heumar gefundener Faustkeil aus braunem Quarzit aus der mittleren Altsteinzeit sind die ältesten Beweise menschlichen Lebens in unserem Stadtgebiet. Die Neandertaler, die diese Werkzeuge nutzten, zogen in der letzten Kaltzeit in der baumlosen Tundra den Tierherden hinterher.

Nach der Eiszeit breitete sich in der Mittelsteinzeit (im Rheinland etwa zwischen ~8000 – 5500 v. Chr.) wieder Wald aus. Die Tierherden der Kältesteppen waren verschwunden; es wurde im Wald mit Pfeil und Bogen gejagt und mit Harpunen und Netzen in den Gewässern gefischt. Für die noch immer nomadischen Jäger und Sammler war die damals teilweise sumpfige Niederterrasse durch ihren Reichtum an Fischen, Wasservögeln und sonstigem Wild ein ideales Jagdgebiet, was von Funden nördlich der Fliehburg und am Hardthof in Dellbrück belegt wird.

Die ersten Ackerbauern

In der Jungsteinzeit (~5500 – 1800) brachten die Bandkeramiker (~5500 – 4800) den Ackerbau und die Sesshaftigkeit in die Kölner Bucht. Im Westen von Köln lagen einige bandkeramische Siedlungen bei Lindenthal. Im rechtsrheinischen siedelten die ersten Ackerbauern in Form der jüngeren Rössener Kultur (~4800 und 4500 v. Chr.) bei Westhoven. Die ersten Siedler in der Gegend von Merheim waren Angehörige der auf die Rössener Kultur folgende Michelsberger Kultur (~4500 – 3500 v. Chr.) deren Siedlung auf der Fliehburg durch Funde von Steinwerkzeuge, Pfostenlöcher und Abfallgruben dokumentiert ist.

[Federzeichnung: Ein Dorf mit mehreren Langhäusern, umgeben von Wall und Palisaden]
Rekonstruktion des bandkeramischen Dorfes bei Lindenthal

Im folgenden entstand im Rheinland aus Einflüssen der Glockenbecherkultur (Südwesteuropa) und den Schnurkeramikern (Nord- und Mitteldeutschland), sowie aus Resten der Michelsberger Kultur die Rheinische Becherkultur. In unserer Gegend sind aber bisher kaum Spuren gefunden worden.

Grabhügelfelder am Mauspfad und keltische Einflüsse

Auch die frühere und mittlere Bronzezeit (~2200 – 1200 v. Chr.) ist leider verhältnismäßig schlecht dokumentiert. Erst gegen Ende der Urnenfelderkultur (~1300 – 800 v. Chr.) und besonders in der Hallstattzeit (~800-400 v. Chr.) setzte eine dichte Besiedlung ein. Um diese Zeit entstanden die großen Grabhügelfelder am Rande der Mittelterrasse entlang des Mauspfads bei Dünnwald, Iddelsfelder Hardt (eines der größten Grabhügelfelder im Niederrheingebiet) und Rath. Der hochwassersichere Mauspfad war ein vorgeschichtlicher Fernhandelsweg der bis in die Neuzeit genutzt wurde. Die zu diesen Grabhügelfeldern zugehörigen Siedlungen sind größtenteils noch nicht bekannt, aber auf der Fliehburg in Merheim sind bei der archäologischen Untersuchung 1972 Siedlungsreste der Hallstattzeit gefunden worden.

Im 1. Jahrhundert v. Chr. in der Spätlatènezeit sind neben wenigen Gräbern auch Siedlungen bekannt. Bei Westhoven weisen Reste von Fachwerkbauten und Kochgruben auf eine größere Siedlung hin. In dieser Siedlung wurden auch römische Keramikreste gefunden, woraus man schließt, das diese Siedlung noch bis in die frühe Römerzeit existierte.

Auch in Merheim wurden nördlich der Abshofstraße Gruben mit Hüttenlehm, Holzkohleresten und Scherben aus der Spätlatènezeit gefunden. Im Königsforst wurden neben weiterer Siedlungen Reste von Eisenschmelzöfen entdeckt. Obwohl wir Aufgrund der historischen Quellen mit einer germanischen Bevölkerung rechnen müssten – nämlich mit den Sugambrern – basieren die Funde in unserem Gebiet eindeutig auf mittelrheinischer Tradition und damit letztendlich auf keltischer.

Römisches Grenzland

Ab der Zeitenwende sind, womöglich Aufgrund römischer Grenz-Politik, keine archäologischen Funde vorhanden. Erst im ausgehenden 1. Jahrhundert n. Chr. ist wieder eine einheimische Bevölkerung im Rechtsrheinischen nachweisbar, deren Hinterlassenschaft jetzt zum großen nordwestdeutsch-mitteldeutschen Formenkreis germanischer Machart gehört. In Merheim wurden, ebenfalls nördlich der Abshofstraße, vier Brandbestattungen in Urnen aus dem 2. bis 3. Jahrhundert gefunden.

Die Römer nutzten die Ressourcen im rechtsrheinischen »Barbarenland«. Am Lüderich fand man ein römisches Bergwerk, wo nach Blei und Silber geschürft wurde und bei Bergisch-Gladbach die Reste kaiserzeitlicher Kalköfen. Mit Sicherheit haben sich die Römer im Vorfeld Kölns auch mit dem auf der linken Rheinseite immer knapper werdenden Holz versorgt.

Um 312 n. Chr. wurde das Kastell Divita gegenüber Köln auf der rechtsrheinischen Seite zum Schutz einer festen Brücke gebaut. Obwohl mit den Einbrüchen der Franken in das römische Reich (ab 260 n. Chr.) die archäologischen Belege auf der Niederterrasse praktisch aufhörten, wurde ein römischer Soldat um 400 n. Chr. «im Barbarenland in der Nähe von Deutz von einem Franken getötet« (Inschrift des Grabsteins des Viatorinus).

Fränkische Landnahme

Um 470 gründete der Rheinfranke Sigibert (oder sein Vater) das Königreich Ripuarien mit Königssitz in Köln (seit 459/461 endgültig im fränkischen Besitz). Bis zum sechsten Jahrhundert gibt es allerdings im Merheimer Gebiet (wie fast im ganzen Rechtsrheinischen und Bergischen) kaum Spuren einer Besiedlung.

[Federzeichnung: Dahinziehende Bauern und reitende Krieger mit Speeren]

Die fränkische Kolonisation setzt hier vermutlich erst ab dem späten 6. Jahrhundert ein. In der Rüdigerstraße wurden 1950 Lanzenspitzen und Kurzschwerter von vier merowingischen Kriegern gefunden, die dort um diese Zeit bestattet worden sind. Vom linksrheinischen her wurde zunächst die fruchtbare rechtsrheinische Niederterrasse besiedelt. Als erstes wurden – in Gestalt von Einzelhöfen – die Kernpunkte der heutigen Dörfer mit der Endung -heim (Siedlung, Ansitz, Wohnort, Heimat) gegründet. Also neben Merheim auch Stammheim, Mülheim, Buchheim, Schweinheim, Wichheim und Ostheim. Der Name Merheim setzt sich aus Mer (mer, mar, maar bedeutet Sumpf, Moor, Weiher, Feuchtgebiet) und dem obigen -heim zusammen, also etwa »Heim am Sumpf« (Merheimer Bruch). Merheim gehörte zum Deutzgau (wie der Auelgau ein Schutzgau gegen die vordringenden Sachsen) und wurde zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert von Köln aus christianisiert.

Ausgangspunkt der späteren Entwicklung von Merheim war der Fronhof, mit der späteren Kirche St. Gereon. Die Kirche St. Gereon ist mit ziemlicher Sicherheit aus einer Eigenkirche/Kapelle des Fronhofes hervorgegangen, denn mit dem Eigentum am Hof war von jeher das Patronatsrecht über die Kirche verbunden. Das die kleine Kirche oder Kapelle schon mindestens im 7. - 8. Jahrhundert existierte, geht durch den Fund von drei Bruchstücken fränkischer Grabsteine mit eingemeißelten Stangenkreuzen hervor.

Vom Fronhof, und später auch vom Klosterhof (dem heutigen Grülshof), ging die dörfliche Gemeinschaft aus. Auf den Höfen saß entweder der Besitzer, sein Vertreter (Schultheiß) oder sein Pächter. Die beiden Höfe waren die Hauptträger der landwirtschaftlichen Tätigkeit und verteilten die Ländereien zur Bearbeitung an die Dorfbewohner. Die Arbeiter und die Dienerschaft der Höfe lebten auf den Höfen oder siedelten sich in bescheidenen Behausungen entlang der Dorfstraße zwischen den beiden Höfen an. Die früh- oder hochmitteralterliche Verteidigungsanlage im Merheimer Bruch – die Fliehburg – ist vermutlich ebenfalls im Zusammenhang mit dem nahen Fronhof zu sehen.

Von Merheim und den fränkischen Einzelhöfen im Rechtsrheinischen aus wurde mit der Zeit weiteres Land erschlossen. Typische Rodungsnamen des 7. – 9. Jahrhunderts sind beispielsweise -feld (Iddelsfeld), -ingfeld (Penningsfeld) und -rath (Rath, Refrath, Rösrath, Gierath, Lückerath, Paffrath).

In einer Urkunde von Erzbischof Heribert von Köln werden 1003 u.a. Güter in Merheim, die er gegen einen anderen Hof getauscht hat, erwähnt.

Unter der Herrschaft der Grafen und Herzöge von Berg

Bis 1150 brachten die Grafen von Berg den Deutzgau unter ihre Herrschaft. Das Land zwischen Bensberg und Mülheim, also auch Merheim, war schon vorher in ihrem Besitz gewesen und gehörte zum Kernland der Familie. Der Fronhof war im 12. Jahrhundert der Sitz der Ritter von Merheim, die enge und freundschaftliche Beziehungen zu den Grafen von Berg unterhielten. Bezeugt ist ein Rutger (Rüdiger) von Merheim dessen Wappen auf vielen kaiserlichen und erzbischöflichen Urkunden vorkommt. Nach ihm ist heute die alte Dorfstraße benannt.

Die merowingische Kirche in Merheim (St. Gereon) wurde zwischen dem 10. und 11. Jahrhundert von einer romanischen Kirche abgelöst. Die Kirche wurde im 12. Jahrhundert um Chor- und Seitenschiffe, sowie einen Turm erweitert.

Urkundlich erwähnt wird 1217 ein Gutshof in Merheim, den Adolf III. von Berg an die Abtei Altenberg verkaufte. 1282 kaufte das Kanonikerstift St. Mariengraden zu Köln ebenfalls einen Hof in Merheim für 125 Kölnische Mark von der Witwe des Ritters Engelbert von Blegge. In beiden Fällen ist aber nicht klar, ob es sich um den Fronhof oder den Klosterhof (Grülshof) handelte.

Ölgemälde: Ein Mönch auf einem Pferd hält eine Rede vor Kriegsvolk
Bergische Bauern während der Schlacht bei Worringen 1288

In direkter Folge des Sieges in der Schlacht von Worringen 1288, an dem die bergischen Bauern zusammen mit der Kölner Miliz einen maßgeblichen Anteil hatten, befestigte Adolf V. von Berg erneut Mülheim und verlieh ihr einige Jahre später die Stadtrechte.

Verwaltungszentrum für das bergische Territorium südlich der Wupper wurde zuerst Bensberg und spätestens ab 1286 das Amt Porz. Das Amt Porz war in 6 Botenämtern unterteilt. An der Spitze eines Botenamtes stand ein Schatzbote, auch Schatzheber (später Amtmann) genannt. Die Orte in einem Botenamt bezeichnete man früher als Honschaften, die einem Ortsvorsteher unterstellt waren. Eines dieser Botenämter – hier auch gleichzeitig ein Kirchspiel (Pfarrbezirk) – war das Botenamt Merheim. Zum Botenamt/Kirchspiel Merheim gehörten die Ortschaften Rath, Brück, Thurn und Strunden (heute Dellbrück), sowie Wichheim, Schweinheim und Isenburg (heute Holweide), Höhenberg und Ostheim. Die Einwohner dieser Orte mussten nach Merheim in die Kirche gehen. So entstanden die sternförmig nach Merheim führenden Kirchwege.

Wegen Personal- und Zoll-Streitigkeiten zwischen dem Herzog von Berg, der Stadt Köln und dem Erzbischof kam es wieder mal zur Fehde zwischen Berg und Köln. Am 16.07.1415 fand eine Schlacht »bi Sent Annabach up der Heiden bi Roede« (bei Haus Rott bei Troisdorf) statt, die Graf Adolf verlor. Der Streit schwelte aber weiter, so das es im Sommer und Herbst des nächsten Jahres zu weiteren Auseinandersetzungen kam. Am 16 August 1416 zogen Kölner Truppen vom zuvor besetzten Deutz in das Bergische Land, wobei einige Dörfer, darunter Brück, und zwei Tage später auch Schweinheim und Merheim, beraubt und niedergebrannt wurden.

Nach dem ersten katastrophalen Auftreten der Beulenpest 1349 in Köln, flackerte sie mehr oder weniger schwer die nächsten 300 Jahren immer wieder auf. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts besonders oft (alleine 1502/1503 starben in Köln 20.000 Menschen). Es ist nicht überliefert, wie sich die Pest zu dieser Zeit auf Merheim und die umliegenden Dörfer auswirkte, aber es ist zu vermuten, das durch die Nähe zu Köln auch hier die Pest wütete. Zumindest wirtschaftlich wird sie sich ausgewirkt haben, denn nach der Pest waren überall die Arbeitskräfte knapp und viele Felder konnten nicht mehr bestellt werden.

Damalige Wirtschaft

Obwohl zwischen Berg und Köln selten Eintracht herrschte, lag Merheim wirtschaftlich ganz klar im Einzugsbereich der einzigen Großstadt des Mittelalters in Deutschland; im heiligen Köln. Der Überschuss der landwirtschaftlichen Erzeugnisse wurde hauptsächlich dort und in Mülheim feil geboten. Vor allem Bauholz und auch Holzkohle und Kies wurden aus dem Botenamt Merheim in die Städte geliefert. Am Strunderbach standen etliche ertragreiche Mühlen. Die kleine Jagd und etwas Fischerei in den Bächen und Sumpfgebieten der Niederterrasse waren wichtiger Nebenerwerb. Der bergische Landesherr legte Zollstellen an, wo beispielsweise nachweislich Pferde, Rinder, Ochsen, fette und magere Schweine, Ziegen, Schafe, Hammel, Käse, Branntwein, Karren mit Heu, Holz, Eisen, Blei, Holzkohle und Kalk verzollt wurden. In Merheim allerdings erst im 17. Jahrhundert an der Kreuzung der Wege Brück-Merheim-Herl-Mülheim und Thurn-Merheim-Ostheim und »zum Schlagbaum«.

Zeit des Niedergangs

Die nächsten 200 Jahren sind durch ständige Kriege gekennzeichnet. Da man sich ungern mit dem stark befestigten Köln anlegen wollte, zogen die Heerhaufen bevorzugt durch das Bergische Land. Am meisten hatte darunter die ungeschützte Landbevölkerung im Rechtsrheinischen zu leiden. Es wurde requiriert und einquartiert, sowie Kontributionen und Kriegssteuern erhoben. Oft genug wurde auch geplündert, misshandelt, niedergebrannt, vergewaltigt und gemordet.

Ende des 16. Jahrhunderts wurde der rheinische Wohlstand durch den Truchsessischen Krieg (1583 – 1588) vernichtet. Der Versuch des Erzbischof Gebhard Truchsess von Waldburg, das Erzstift Köln in ein erbliches, protestantisches Herzogtum zu verwandeln, wurde von gegenreformatorischen Kräften verhindert. 1583 zogen truchsessische Truppen von Deutz aus »zwei oder drei Meilen Wegs im Bergischen umher und fügten den Bewohnern durch plündern und brennen großen Schaden zu«. Unter anderem wurde Dünnwald geplündert und die Pfarrkirche von Buchforst in Brand gesteckt. Die spanischen Truppen hausten noch weit aus schlimmer als die Truchsessischen. 1588 quartierten sie sich in Deutz und Mülheim ein und plünderten tagelang die Umgebung. Auch nach dem Ende des Truchsessischen Krieges suchten niederländische, spanische und französische Truppen das Bergische Land heim. 1594 ermordeten und misshandelten Spanier die Bewohner des Amtes Porz, so das laut der Kölner Chronik »nur wenige an Hosen und Schuhen, die sich noch bei den abgehauenen Beinen befanden, wiedererkannt wurden«.

Als der letzte Herrscher von Berg, Herzog Johann Wilhelm I. aus dem Hause Cleve, 1609 verstarb, hinterließ er keine Erben und löste damit den Jülich-Klevischen Erbfolgestreit (1609 – 1672) zwischen dem Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm von Neuburg und dem Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg aus. Infolgedessen fluteten kaiserliche und holländische Truppen das Land, »das schwer zu leiden hatte«. 1614 wurde ein vorläufiger Kompromiss geschlossen; Jülich und Berg gingen an Wolfgang Wilhelm und der Rest an Brandenburg. Der Erbfolgestreit wurde erst 1672 mit einem Teilungsvertrag endgültig beigelegt.

[Federzeichnung: Ein Dorf wird geplündert, Menschen mißhandelt, im Hintergrund brennen die Kirche und Häuser]
Plünderung und Brandstiftung eines Dorfes

Der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648) zerschlug das Land endgültig. Ab 1622 kamen die Spanier in unsere Gegend. Die Plünderungen wurden zeitweilig so unerträglich, das viele Bewohner in die Berge und Wälder flüchteten. Dann kamen 1625 die Hessen, die den Spaniern im plündern, brandschatzen und misshandeln in nichts nach standen. Dann kamen die Spanier wieder und so ging das weiter… so gaben sich die katholischen und protestantischen Truppen in wechselhaften Kämpfen hier praktisch die Klinke in die Hand. 1632 kamen dann auch noch die Schweden dazu. Die 1633 wieder von den kaiserlichen abgelöst wurden, die noch schlimmer als die Schweden hausten. Die Schweden hielten Siegburg noch bis 1635 und suchten immer wieder das Umland heim. Hinzu kamen noch die sich in diesem Chaos gebildeten Räuberbanden. 1636 musste Herzog Wolfgang Wilhelm feststellen, dass nach den Ereignissen der letzten Jahre kaum 1/6 der Bevölkerung des Herzogtums Berg übrig geblieben war. 1638 lagerten kaiserliche Truppen unter General Piccolomini bei Schweinheim und plünderten die Umgebung. Und noch 1644 musste der Schultheiß des Amtes Porz eine Umlage zu den Kriegskosten erheben. 1648 wurde dann endlich der Westfälische Frieden geschlossen.

Dann kam der Holländische Krieg (1672 – 1679), auch Raubkrieg König Ludwigs XIV. oder bei der damaligen lokale Bevölkerung »die erste Franzosenjagd« genannt. Die Franzosen besetzten Deutz und plünderten die Gegend mit so großer Grausamkeit und Zerstörungswut das ganze Dörfer verlassen wurden und die Bewohner in die Wälder zogen. Da die misshandelte Bevölkerung in den Wäldern sich mit den Franzosen zunehmend kleine Scharmützel lieferte, wurde auf sie regelrecht Jagd gemacht.

Weiter ging es dann mit dem Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688 – 1697). Die mit dem Kurfürsten von Köln verbündeten Franzosen, besetzten von Bonn aus von Oktober 1688 bis März 1689 Siegburg und plünderten von dort aus die Umgebung. Im Juni marschierten brandenburgische und münsterische Truppen auf der rechten Rheinseite von Kaiserswerth nach Bonn. Nach dessen Fall im Oktober verlagerte sich der Krieg in andere Landstriche.

Es folgte der spanische Erbfolgekrieg (1701 – 1714). Erneut bedrohten Soldaten des König Ludwigs XIV. und des verbündeten Kurfürsten von Köln das Bergische Land. Im Oktober 1702 setzten die Truppen Johann Wilhelms über den Rhein, um die französischen und kurkölnischen Truppen in Bonn anzugreifen. Aber diese setzten schon vorher bei Bonn über und fielen in das von den Verteidigern entblößte Rechtsrheinische ein. In fünf Heerhaufen zogen sie plündernd Richtung Mülheim, setzten sich dann in Deutz fest und verheerten von dort aus das Umland. Mülheim wurde ausgeraubt, Schloss Lülsdorf und Porz wurden niedergebrannt, in Merheim, Flittard, Schlebusch und Gladbach geplündert und Häuser und Scheunen verbrannt. Viele Bewohner verließen wieder die Dörfer und flüchteten in die Berge und Wälder (zweite Fransosenjagd). Hunderte von Gefangenen starben später in Bonn an der Ruhr. Am 7. Oktober zogen sich die Truppen wieder über den Rhein zurück. 1706 plünderten französische Truppen noch mal Mülheim, dann verzog sich endlich der Krieg aus unserer Gegend.

Bessere Zeiten

Im 18. Jahrhundert konnte sich die Bevölkerung langsam erholen.

Im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740 – 1748) lagen 1741/1742 französische Soldaten bei Siegburg. Danach hielten sich Österreicher, Hannoveraner und Braunschweiger und sogar britische Truppen im Land auf. Abgesehen von Einquartierungen und Kriegssteuern scheint das Bergische Land aber verhältnismäßig glimpflich davon gekommen zu sein.

Auch im Siebenjährigen Krieg (1756 – 1763) kam es im Bergischen Land nicht zu direkten Kriegshandlungen, aber die Bevölkerung litt unter Einquartierungen, Durchmärschen, Kriegsteuern und der Requirierung von Fourage, Lebensmittel sowie Hand- und Spanndiensten. Der damalige Landesherr Karl Theodor von der Pfalz stand auf Österreichs Seite gegen Preußen und musste 1757 zehn Bataillone stellen. Da sich kaum einer freiwillig meldete, fanden sogenannte Werbungen statt. Die Werber gingen dabei äußerst brutal vor, indem sie junge Männer nachts aus den Betten holten und sie quälten bis sie den Soldateneid schworen oder Volksfeste umstellten und die Männer überwältigten, knebelten und fortführten. Allerdings wehrten sich die Bauern auch gelegentlich und die Volksfeste arteten zu gewaltigen Schlägereien aus.

Mehrere sehr kalte Winter, verheerende Niederschläge und Missernten führten zur großen Hungerkrise 1770 bis 1772 (ein Ereignis der Kleinen Eiszeit). Nach dem strengen Winter 1783/1784 ereignete sich die große Mülheimer Flutkatastrophe. Der durch Eisschollen gestaute Rhein durchbrach den Damm bei Westhoven und zerstörte Mülheim von der Landseite her.

Die französische Besatzungszeit

Die französische Revolution (1789) hatte weitreichende Folgen für unser Land. Die gegen die französische Republik gerichtete 1. Koalition aus Österreich und Preußen (1792 – 1797) unterlag den französischen Revolutionstruppen. Daraufhin besetzte Frankreich 1794 u.a. Köln und die linke Rheinseite.

Die österreichischen Truppen zogen sich im Oktober 1794 auf die rechtsrheinische Seite zurück und errichteten ein Feldlager zwischen Mülheim und Buchheim. Mit den üblichen Folgen (Einquartierungen und Requirierungen). Der österreichischen General Clerfayt hatte sein Hauptquartier im Fronhof in Merheim. Im September 1795 verlagerte sich der Krieg ins Rechtsrheinische als die französische Sambre- und Maas-Armee, von Düsseldorf kommend, Mülheim und Bensberg besetzten. Die Österreicher warfen sie bei Flittard dreimal zurück, mussten sich aber Richtung Sieg zurückziehen. Die Umgebung wurde darauf hin so stark geplündert, das die Einwohner wieder ins Hinterland flüchteten. Durch die folgende Rechtsunsicherheit wurden auch noch Räuberbanden aktiv. Zwischen Niederrhein und Neuwied trieb beispielsweise der »Fetzer« und seine Bande sein Unwesen, diese hatten unter anderem auch in Porz in einem abgelegenen Wirtshaus einen Unterschlupf. Nach wechselvollen Kämpfen wurde 1797 bei Campo Formio ein vorläufiger Frieden geschlossen. Danach hörte das plündern langsam auf, aber die hohen Kriegssteuern belasteten das Botenamt Merheim bis zum Frieden von Lunéville (1801) weiterhin stark. Köln und das linksrheinische Gebiet gehörten jetzt zu Frankreich, der Rhein war Staatsgrenze geworden. Das Rechtsrheinische stand unter französischer Verwaltung, bis 1806 der Kurfürst Max-Josef das Herzogtum Berg an Napoleon abtrat.

Ölgemälde: Französische Soldaten quartieren sich ein und die Besitzer des Hauses müssen ihnen dienen
Einquartierungen während der Franzosenzeit

Die französische Besatzung führte große und moderne Verwaltungsreformen im neuen Großherzogtum Berg (1806 – 1813) durch. Die Säkularisation 1803 löste alle Klöster und Stifte auf. Die Leibeigenschaft und das Lehenswesen wurden abgeschafft. Rechtspflege und Gemeindeverwaltung wurden modernisiert. Das alte Amt Porz wurde zum Arrondissement (Landkreis) Mülheim und das alte Botenamt Merheim in die Mairie (Bürgermeisterei) Merheim gewandelt. Diese sogenannte Munizipalverwaltung war durch die überall gleichen Strukturen und die eindeutigen Entscheidungskompetenzen so effektiv, das sie auch nach 1815 beibehalten wurde.

Obwohl das Großherzogtum Berg nicht zum französischen Staats- und Zollgebiet gehörte (der Rhein war die Grenze), gab es anfangs einen wirtschaftlichen Aufschwung, denn die Zölle waren günstig und Frankreich hatte großen Bedarf an den Erzeugnissen des Landes. Aber die Kontinentalsperre 1806 gegen England hatte negative Auswirkungen, weil man praktisch vom französischen, italienischen und niederländischen Markt abgeschnitten war. In erster Linie war die Baumwoll- und Tuchindustrie betroffen, die fast zum erliegen kam, was eine hohe Arbeitslosigkeit zur Folge hatte. Es gab aber auch Profiteure wie Friedrich Krupp, der 1811 in Essen – begünstigt durch den unterbundenen Import von englischem Gussstahl – eine Gussstahlfabrik gründete; die Anfänge der Schwerindustrie im Ruhrgebiet. Es blühte der Schmuggel mit Kolonialwaren an der Rheingrenze.

Es wurden Soldaten für die napoleonischen Feldzüge ausgehoben, die in Spanien und Russland große Verluste erlitten. Ein Soldat schrieb über den Russlandfeldzug: »Am 1. März 1813 langten wir wieder in Düsseldorf an. […] Von sieben Bataillonen Infanterie und einem Bataillon Artillerie kehrten nur 64 Offiziere und 130 Soldaten heim« (ein französisches Bataillon hatte damals zwischen 700 – 800 Mann).

Unmittelbar nach der Völkerschlacht von Leipzig im Oktober 1813 zogen sich die französischen Truppen im November 1813 über den Rhein zurück. Aus Köln zogen die Franzosen im Januar 1814 ab. Unser Land stand nun unter vorläufiger preußischer Verwaltung.

Merheim wird preussisch

Der Wiener Kongress übertrug dem preußischen König Wilhelm III. am 5. April 1815 das Großherzogtum Kleve-Berg. Es gab Anfangs einige Befindlichkeiten zwischen den protestantischen Preußen und den überwiegend katholischen Rheinländer. Die Rheinländer sahen sich darüber hinaus nach dem 20jährigen französischen Einfluss als mitbestimmende Bürger, während die Preußen sie eher als Untertanen sahen. Das preußische Rheinland behielt nach zähen Verhandlungen viele französische Errungenschaften wie das französische Zivil- und Handslsrecht bei. Die preußische Innenpolitik war von Kontrolle, Zensur und Überwachung geprägt, was eine starke Einschränkung jeglicher politischer Betätigung bedeutete. In der Folge zog man sich in der Biedermeierzeit ins Idyll und Private zurück. Die nun anbrechende friedliche Zeit und das große preußische Zollgebiet brachte einen wirtschaftlichen Aufschwung mit sich.

[Stempel mit Adler und umlaufenden Schriftzug]
Stempel der
Bürgermeisterei

Aus der Mairie Merheim wurde die Bürgermeisterei Merheim, welche zum Landkreis Mülheim am Rhein gehörte. Der wiederum gehörte zum Regierungsbezirk Köln, welcher ein Teil der Rheinprovinz war. 1817 – 21 musste die alte romanische Kirche in Merheim aus Altersgründen dem heutigen Bau weichen. 1849 erhielt die Kirche eine hohe Turmspitze und 1897 – 1899 die großen Buntglasfenster. Nachdem die Pfarrschule etwa 100 Jahre im Grülshof einen Raum nutzte, und das Bestimmungsrecht über die Volksschule von der Kirche auf den Staat übergegangen war, wurde 1825 eine neue Schule an der Ostheimerstraße errichtet. Es wurden zunächst nicht nur die Kinder aus Merheim, sondern alle Kinder der Bürgermeisterei unterrichtet. Trotzdem die neue Schule 1866 erweitert wurde, wurde sie spätestens nach Einführung der allgemeinen Schulpflicht 1878 von den vielen Kindern überfordert. Die Situation entspannte sich wieder, als daraufhin Thurn, Brück, Ostheim und Wichheim eigene Schulen bekamen.

Einsetzende Industrialisierung

Obwohl schon 1763 die Samt- und Seidenfabrik von Christoph Andreae in Mülheim gegründet wurde, kam die Industrialisierung im Kreis erst Mitte des 19. Jahrhunderts richtig in Schwung. Aufgrund der Baubeschränkungen im preußischen Festungsbereich Köln siedelte sich die Industrie unter anderem vermehrt in den rechtsrheinischen Vororten an. Beispielsweise 1845 die Waggonfabrik van der Zypen und Charlier und 1872 die Gasmotorenfabrik Deutz AG in Deutz, 1858 die Fabrik Vorster und Grüneberg (die spätere Chemische Fabrik Kalk) und 1874 die Firma Felten & Guilleaume in Mülheim. Merheim blieb zunächst von der Landwirtschaft geprägt, wobei gegen Ende des Jahrhunderts immer mehr Menschen in den benachbarten Industriebetrieben arbeiteten. Um 1900 befand sich eine Ringofen-Ziegelei an der heutigen Siedlung Schlagbaum. 1910 entstand an der Olpenerstraße die Maschinenfabrik Krauss und etwas später gegenüber die Firma Schwarze.

In den Jahren 1859 – 1861 wurden mit der Tieferlegung des Faul-, Fleh- und Bruch-Baches – die ersten Massnahmen getroffen, den Merheimer Bruch als Seuchenherd trocken zu legen. Man brachte das jährlich auftretende »Wechselfieber« (eine Art Malaria), welches nur die Umgebung des Merheimer, Brücker und Linder Bruchs heimsuchte, mit der dort regelmäßig auftretenden Überschwemmung in Zusammenhang. Beispielsweise erkrankten 1853 in Merheim 30% der Einwohner an dem Fieber. Erst das schaffen der Entwässerungsgräben in den 1930er Jahren beseitigte das Problem endgültig.

Ende der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts wurden die preußischen Befestigungen der Stadt Köln weiter vorgelagert, um einerseits der zunehmenden Reichweite der Artillerie Rechnung zu tragen und andererseits Platz für den wachsenden Industriegürtel um Köln herum zu schaffen. Auf der heutigen Merheimer Heide wurde ein Exerzierplatz der Hacketäuerkaserne (Mülheim) und der Kronprinzenkaserne (Kalk) geschaffen, was den Merheimer Bauern viel Ackerland kostete.

Merheim wächst rasant

[Eine Karte von Merheim in der mit verschiedenen Farben das Wachstum von Merheim verdeutlichen]
Grobe Karte der Siedlungstätigkeit der letzten 100 Jahre. Schwarz = vor 1910 gebaut, Lila = 1910 – 1930, Braun = 1930 – 1950, Blau = 1950 – 1970, Magenta = 1970 – 1980, Oliv = 1980 – 2000, Rot = 2000 – 2020

Die Einwohnerzahl der Bürgermeisterei Merheim hat sich von 1828 bis 1910 von 4368 auf 23.241 und die Bevölkerung von Merheim selbst hat sich im selben Zeitraum von 236 auf 861 erhöht. Die Infrastruktur entwickelte sich schnell. 1897 wurde der »Merheimer Spar- und Darlehenskassenverein« gegründet. Im Jahre 1900 wurde der Sitz der Bürgermeisterei Merheim nach Holweide verlegt. Während noch 1846 nur ein Gemeindebote und ein Polizeidiener dem Bürgermeister unterstellt waren, gab es um 1900 Steuerempfänger, Gemeindediener, Feldhüter, Nachtwächter und drei Polizeibeamte. 1902 bekam Merheim fließendes Wasser und eine Gasversorgung, 1904 wurde der Kalker Friedhof eröffnet. 1905 wurde eine Freiwillige Feuerwehr gegründet. 1906 wurde Merheim an das Stromnetz angeschlossen und bekam eine Straßenbahnhaltestelle, als die Vorortbahnlinie B von Köln nach Brück eröffnet wurde (1913 nach Bensberg verlängert).

Die Bürgermeisterei Merheim wird eingemeindet

Nach vierjährigen Verhandlungen wurde die Bürgermeisterei Merheim am 1. April 1914, zusammen mit der Stadt Mülheim, nach Köln eingemeindet. Der Wohnungsbedarf stieg durch die fortschreitende Industrialisierung im rechtsrheinischen Köln stark an. Infolgedessen wurde der südliche Bereich Merheims in der Nähe der Straßenbahnhaltestelle als geeigneter Bauplatz interessant. Ab 1920 wurden Ein- und Mehrfamilienhäuser am Kieskaulerweg, an der Ostmerheimer Straße und an der Olpener Straße Richtung Brück gebaut. Die Mitte bis Ende der zwanziger Jahre in privater Initiative erbauten Häuser am Kratzweg, Kieskaulerweg, Rüdiger-, Abshof- Fußfall- und an der Olpener Straße wurden wegen der Wohnungsnot größtenteils als Mietshäuser gebaut. Sie sind an ihren Mansardendächern zu erkennen. Ende der 20er Jahre wurde die Merheimer Heide ein Naherholungsgebiet. Die »Eisenbahner«- und gegenüber die »Gagfah«-Siedlung an der Olpenerstraße Richtung Höhenberg und die Siedlung Schlagbaum Richtung Holweide wurden Mitte der dreißiger Jahre gebaut.

Die Nationalsozialisten

[Dreistöckiger Turm aus Fachwerk]
Steigeturm
Spritzenhaus

Die Nationalsozialisten erzielen in Merheim bei der Reichstagswahl am 5. März 1933 34.8% der Stimmen. Auch in Merheim waren im Dritten Reich die politischen Gegner und die jüdischen Familien Repressionen ausgesetzt. Mitte der dreißiger Jahre wurde der Merheimer Bruch durch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme trocken gelegt, was die Mückenplage deutlich eindämmte. 1936 wurden die Arbeiten an der Autobahn Düsseldorf-Frankfurt begonnen. Verschiedene Merheimer Straßen mußten wegen der Autobahn verlegt oder neu angelegt werden. Auch die Straßenbahnhaltestellen mussten verlegt werden. Schon 1937 konnte der neue Autobahnabschnitt dem Verkehr übergeben werden. 1936 war auch die Grundsteinlegung des Fliegerhorst Ostheim, der ebenfalls 1937 fertig wurde. Die Merheimer Kirche musste wegen der Flieger ihren hohen Kirchturm 1939/40 abmontieren. Beide Projekte brachten viele Arbeitsplätze. Der abgebildete in den zwanziger Jahren errichtete Steigeturm des Spritzenhauses der Freiwilligen Feuerwehr galt in den dreißiger Jahren als ein Wahrzeichen von Merheim.

Vor allem wegen des Flugplatzes wurde Merheim im zweiten Weltkrieg Ziel alliierter Bombenangriffe. Besonders schwere Angriffe ereigneten sich Ende Juni und Anfang Juli 1943, sowie im August und Oktober 1944. Es wurden im Krieg etwa 20 Häuser in Merheim zerstört. Ab März 1945 lag Merheim unter ständigem Artillerie- und Tieffliegerbeschuss. Am 12. April 1945 fuhren amerikanische Panzer in Merheim ein.

Merheim von 1945 bis heute

1946 entstanden in den Kasernen des Flugplatzes die Anfänge des Krankenhauses Merheim und ein Jahr später wurde im östlichen Teil die später weltweit bekannte Arzneimittel-Firma Madaus (neu) gegründet. Nach dem Krieg stieg der Wohnraumbedarf weiter steil an. In den 60er Jahren wurde an der Winterbergerstraße Mehrfamilienhäuser und Wohnblöcke, sowie die »Bundeswehrsiedlung« an der Paderborner und Soester Straße mit hauptsächlich Einfamilienhäuser gebaut. Gegenüber entstanden vier Reihen Mehrfamilienhäuser.

1961 wurde die neue Schule an der Fußfallstraße eingeweiht. In dieser Zeit verlagerte sich das geschäftliche Treiben in den südlichen Teil Merheims zwischen Straßenbahnhaltestelle und Kreuzung Olpenerstraße/Kieskaulerweg mit Apotheke, Schreibwarengeschäft, Bäckerei, Drogerie, Metzgerei und mehreren Tankstellen an der Olpener Straße.

Anfang der 70er Jahre zerteilte der Bau der Autobahn A4 das Dorf und zwängte es zwischen zwei Autobahnkreuze. An der Warendorfer und Detmolder Straße wurden Wohnblöcke errichtet. An letzterer und an der Änne-Schulte-Straße auch Eigenheime, genau wie an der Gütersloher Straße. An der Detmolder Straße wurde mit dem REWE auch der erste große Supermarkt in Merheim eröffnet. Ende der 80er Jahre entstand die Siedlung »An der Fliehburg« (ebenfalls Einfamilienhäuser). Anfang der 90er Jahre errichteten Aldi und Lidl Filialen an der Olpener Straße. 1994 wurde das Straßenbahndepot an der Siedlung Schlagbaum fertig gestellt. 2003 entstand auf dem ehemaligen Gelände der Firma Madaus die Siedlung »Merheimer Gärten« und ein Kaufland.

Falls jemanden inhaltliche Fehler auffallen sollten, würde ich mich über eine Email (h-felder@h-felder.de) sehr freuen.

nach oben