![[Ein verkleideter Mann bedroht Christ]](grafik/Sagenbild.gif)
Sagen aus Merheim und der Umgebung
Bisher habe ich die folgenden Sagen und Hinweise auf den Aberglauben im Raum der ehemaligen Bürgermeisterei Merheim gefunden:
Dellbrück
Die gebannte Karre
An sumpfiger Stelle blieb eine Karre stecken. Mehrere Pferde spannte
man vor, doch es half nichts, die Karre war "gebannt". Ein der
Schwarzkunst kundiger Mann aber wußte Rat. Er nahm vom Fuhrwerk die Hacke
(die hing früher immer neben dem Pferde am linken Karrenbaum) und
zerschlug eine Radpeiche. Plötzlich schrie ein hinter einem Strauch
versteckter Mann laut auf, das man ihn das Bein zerschlagen habe. Aber
auch der Zauber war gelöst, und die Pferde konnten die Karre leicht
fortziehen.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Dünnwald
Die Entstehung des Klosters
Im Dunkel des Waldes steht einsam eine Kapelle. Pilger ziehen dort ein und aus. Laut ruft das Glöcklein der Kapelle von Tagesanbruch bis in die Nacht hinein die Frommen zur Andacht herbei. Zwischen den morschen Mauern der Kapelle steht ein Bild des Erlösers, fast vermodert wie die Kapelle. Jahraus jahrein ziehen Scharen frommer Waller zur tief ausgetretenen Schwelle des kleinen Gotteshauses.
Eines Tages wurde das Gebet der frommen Pilger plötzlich durch gellenden Weheruf aus dem Waldesdickichte unterbrochen. Im nächsten Augenblick stürzte Ritter Heidenreich, verfolgt von grimmen Feinden, durch den Wald zur Kapelle, um dort Schutz zu suchen vor den Verfolgern, denen er wohl mannhaft entgegengetreten wäre, wenn er Waffen mitgeführt hätte. Aber auf einer Betfahrt begriffen, wurde der Nichtsahnende überfallen und zur Flucht nach dem Heiligtume genötigt. Voll Dank über die Rettung küsste er die Schwelle und klammert sich an den Altar. Aber, o Graus! Ein Mordbube achtet nicht des heiligen Ortes, sondern hebt das Schwert zum tödlichen Streiche. Doch, welch ein Wunder! Als das Schwert blitzend niedersaust, bricht der starke Stahl glatt am Hefte ab. Der Schlag hat das Bild des Erlösers getroffen, dessen eine Hand zwar durchbohrt wurde, dessen Nagel aber dem Knieenden Rettung vom sicher winkenden Tode gebracht hat. Das Schwert aber in den Händen des Erlösers bringt selbst die rasenden Mörder zur Besinnung. In jähem Entsetzen fliehen sie den heiligen Ort, und wieder erschallt der Gesang und das Gebet frommer Pilger an heiliger Stätte.
Voll Dank gegen Gott erbaute Heidenreich an der Stelle der kleinen Waldkapelle ein prächtiges Gotteshaus und ein großes Kloster. In demselben danken fromme Nonnen unaufhörlich dem Herrn aller Herren für jene Rettung. Dünnwald wurde das Kloster genannt, wo einst in stiller Waldkapelle manch Herz sich erbaute und wo man des Stahl des Schwertes in der Hand des Erlösers schaute.
Längst verschwand der Wald dort. Reiche Fluren ziehen sich um das
Gotteshaus hin. Segnend streckt der Erlöser aber auch noch heute seine
Hände dort aus.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Die Eichelsaat
Die Mönche zu Dünnwald zeigten einst dem Junker Hall zu Schlebusch ein
altes Dokument vor, nach welchem ein großer Landstrich dem Kloster
zugehörte. Das schien dem Junker unglaublich, denn er hatte das Land als
alten Besitz geerbt und manche Ernte darauf gezogen. Zwischen dem Junker
und den Mönchen kam es zu ernsten Reibereien, und endlich sollte der
Handel vor Gericht ausgetragen werden. Aber auch hier wußte man in dieser
verwickelten Sache keinen Rat. Scheinbar des langwierigen Haders
überdrüssig, gelobte der Junker, das Land den Mönchen zu überweisen: doch
möchten sie ihm noch eine Ernte verstatten. Die Mönche gestanden das
gerne zu. Der Vergleich wurde rechtskräftig beschworen und verbrieft.
Alles schien zufrieden, doch nur für kurze Zeit. Zur Hagelfeier war es in
jener Zeit üblich, die Felder in Prozessionen zu umgehen und das Gedeihen
der Saaten zu erflehen. Neugierig drängten sich die Mönche zu dem
Gegenstande des langen Haders, zu sehen, was der Junker auf dem Acker
gesät habe. Aber was war da zu schauen: Eichelsaat deckte zartsprossend
die weite Fläche. Nun klagten sie über Betrug und Gewalt. Aber der Junker
Hall legte den verbrieften Vergleich vor, und die Mönche mussten von
ihren Einsprüchen abstehen. Die Saat gedieh trefflich und gestattete den
Junker von Hall noch, in ihrem Schatten nach Rehen zu jagen. Als aber die
Eichen über das Klosterdach schauten, da sahen sie auf grüne Gräber,
drinnen Abt und Mönche längst ruhten. Und als die graue Rinde der hohen
Stämme barst und sich verkrustete, da schüttelten die gewaltigen
Baumkronen ihre falben Blätter auf die Ruinen des Klosters herab.
(Dagegen ist zu erinnern, dass die Eichen längst gefallen sind, Kirche
und Klostergebäude aber noch heute stehen).
aufgezeichnet von Johann Bendel
Im Klosterweiher
Neben dem Kloster liegt der alte Klosterweiher, der früher den Nonnen
die Fische lieferte. Gespeist wurde er von dem nahen Mutzbach. Da, wo
heute der Stammheimer Weg über den Mutzbach führt, lag eine Stelle im
Weiher, die allgemein gefürchtet war. Sie hieß der "deepe
Pötz". Der soll sehr tief gewesen sein. Ein Schwimmer konnte leicht
durch den ganzen Weiher schwimmen, kam er aber zum gefährlichen Pötz, so
zogen die gurgelnden Wasser ihn in die Tiefe. Die Erinnerung an den Pötz
lebt noch immer bei der dortigen Bevölkerung. Als Männer vor einigen
dreißig Jahren den Weiher ausschlammten, warnte man sie allen Ernstes vor
der gefährlichen Stelle.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Der Läutestein
Im Kreise finden sich hin und wieder gewaltige Steinblöcke, die wegen
ihrer Große angestaunt werden. Solche Steine liegen zum Beispiel im
Königsforst, auf der Wahner Heide. Es sind Quarzitblöcke aus der
Terziärzeit, aber die Sage, die gern sich an Altes hängt, umspinnt sie
auch. In Lohnskotten. einem Gemeindewalde von Dünnwald, liegt auch so ein
mächtiger Felsbrocken, von dem die Sage erzählt, dass er dreimal in die
Höhe springe, wenn in der nahen Klosterkirche die Mittagsglocke läute. Es
ist also ein sogenannter "Läutestein" oder
"Springfelsen".
aufgezeichnet von Johann Bendel
Der Kluftstein
Zwischen Dünnwald und Paffrath liegt ein Kalkfelsen, der wegen seiner
vielen Höhlen der Kluftstein oder Klutstein genannt wird. In diesen
Höhlen wohnten vor Zeiten Zwerge, die sich drinnen vortrefflich
eingerichtet hatten und besonders schöne kupferne Kochkessel besaßen.
Feierten die Bauern der Umgegend ein Fest, so pflegten sie die Kessel von
den Zwergen zu leihen. Vor dem Eingange der Höhle trugen sie ihre Bitte
vor und fanden am nächsten Morgen den Kessel vor der Höhle. Nach der
Benutzung ließen sie eine Probe der gekochten Speise für die freundlichen
Zwerge darin zurück. Dann stellten sie ihn wieder vor den Eingang.
Lange Zeit erbte sich dieser freundschaftliche Verkehr fort, bis einst
böse Buben die Speisen vor der Höhle naschten und dann den leeren Kessel
beschmutzten. Von dieser Stunde an war das freundschaftliche Verhältnis
der Bauern mit den Zwergen gestört. Die erzürnten kleinen Leute riefen
den Knaben einen Fluch nach, so dass sie zeitlebens hinken mussten.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Der Grinkenschmied
In einem Wäldchen bei Schönratherhof wohnte an einem Hügel, der
Emmerich (Emberg) genannt wurde, in einer Erdhöhle ein kleiner, aber
wunderbar starker und kunstfertiger Schmied. Diejenigen, die ihn sahen,
behaupteten, dass er von Angesicht sehr hässlich gewesen, so dass man vor
ihn erschrocken sei. Und noch ist es sprichwörtlich, einen griesgrämigen
Menschen mit diesem Schmiede zu vergleichen. Sahen ihn auch nur wenige,
so haben doch viele seinen Hammer durch den grünen Wald schallen hören
und den Rauch seiner Esse bemerkt. Der Schmied nämlich hatte viel Arbeit,
da keiner im ganzen Lande ihn an Kunstfertigkeit gleich kam. Die Leute
hatten ihn nur Eisen und Stahl vor seine Höhle zu legen und ihn laut zu
zurufen, welche Arbeit sie wünschten, Sie fanden dann am nächsten Morgen
die Arbeit an derselben Stelle liegen und hörten, ohne den Schmied zu
sehen, die mäßige Bestimmung des Preises dafür.
Wo der Schmied hingekommen, weiß keiner zu sagen.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Das weiße Ross
In einem Walde bei Dünnwald, Maikammer genannt, treibt sich zu
nächtlicher Zeit ein weißes Pferd umher, das öfters kopflos, mit
fliegender Mähne und hoch gesträubten Schweife nächtliche Wanderer
ängstigt.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Der ewige Jäger im Buchholze
Im Buchholze, einem Teile des alten Buchenforstes zwischen Dünnwald
und Merheim, zieht der ewige Jäger umher. Oft erscheint er zu Fuß, oft
auf einem weißen Rosse jagend; oft ist er mit einem Hute, oft mit einer
spitzen Mütze bedeckt. Besonders im Frühlinge und in den letzten Tagen
des Herbstes lässt er sich sehen, und wenn nicht sehen, wenigsten hören.
Er soll immer sichtbar werden, wenn drei Greten (drei Frauen, die
Margareta heißen) sich zusammenfinden. Hört man ihn unsichtbar
vorüberziehen, so kann man sein Geschrei und auch das Bellen seiner Hunde
deutlich vernehmen.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Der Hermesteufel
In der Maikammer bei Dünnwald hielt sich der Hermesteufel auf. Alte
Leute wissen noch viel von ihm zu erzählen, er war aber kein böser,
sondern ein friedlicher und freundlicher Geselle. Er trat in
verschiedener Gestalt auf, oft als Zottelbär, als großer Kettenhund, als
eine feurige Schlange; dann aber auch in menschenähnlicher Gestalt mit
großen Feuersprühenden Stierhörnern und einem einzigen Auge mitten vor
der Stirn, das lichtvoll die weite Gegend bei finsterster Nacht erhellte.
Früher sollen verwegene Männer sich dieses Spukes als Leuchte bedient
haben. Hatte jemand bei dunkler Nacht in Wald und Moor den Weg verloren,
so brauchte er nur den Hermes anzurufen, so war dieser sogleich bei der
Hand und ging leuchtend vor ihn her oder neben ihm, bis er sich
zurechtgefunden hatte. Auch sah man Hermes oft um Mitternacht in hohen
Eichen und Birnbäumen weit umher leuchtend sitzen, so dass die im Dunklen
Verirrten sich zurechtfinden konnten.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Die Kirmes
Die Kirmes wurde in Dünnwald bis zum Jahre 1314 am Tage des hl.
Kunibert (12 Nov.) gefeiert, Das Kloster erwirkte die Verlegung auf den
zweiten Sonntag nach Peter und Paul (29. Juni), kehrte später aber zum
ursprünglichen Tage zurück. Gegenwärtig fällt die Kirmes auf den Sonntag
nach dem Feste des hl. Matthäus.
Die Kirmes wurde früher in altertümlicher Weise begangen. Den Gelagszug
der jungen Burschen eröffnete ein Roßschädel, der wie ein Banner dem
Schwarme auf einer Stange voran getragen wurde. So zogen sie in die
Kirche, tanzten auf dem Kirchhofe und ließen mittlerweile den Schädel am
Tore halten. In diesem Zuge zeichnete sich ein Bursche, der
Schimmelreiter, aus, der sich ein großes Steckenpferd angeschnallt hatte
und die Bewegungen des Reiters geschickt nachahmte. Nach den Reiter
folgte der Altvater, ein Bursche, der sich einen gewaltigen Bart von
Flachs gemacht hatte und mit Haupthaar von demselben Stoffe prangte.
Neben ihm schritt die Altmutter, eine zum Altvater passenden
Frauengestalt. Von der Kirche ging der Zug durch das Dorf zum
Festgelage.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Flittard
Bruno von Flittard
Bruno von Flittard war wegen seines übermäßigen Trinkens weit und
breit berühmt. Dieser Eigenschaft wegen hatte ihn Heinrich von Limburg,
Graf von Berg, zu seinem Schenken auserkoren. Zwar kam ihn dieser in
seinem Amte teuer zu stehen, trank Bruno doch oft in einem Tage so viel,
als er selber schwer war und blieb doch zu allen Verrichtungen geschickt.
Um die Kirche kümmerte er sich nicht viel, und darum ging das Gerücht, er
habe einen Vertrag mit dem Teufel geschlossen, kraft dessen er solche
Taten im Trinken verrichten könne. Aber seinem Herrn war Bruno von
Flittard treu ergeben und hatte in mancher Fehde bewiesen, dass er das
Schwert mannhaft zu führen wusste. Als nun Friedrich II., im Jahre 1228
einen Kreuzzug nach dem heiligen Lande rüstete und auch Heinrich von Berg
daran teilnahm, entschloss sich auch Bruno zur Teilnahme.
Zu Parlermo hielt Friedrich Hof, und dort befand sich auch unser
bergischer Ritter. Dem Trunke huldigte er hier wie in der Heimat, so dass
zuletzt der Kaiser auf ihn aufmerksam wurde. Dieser ließ ihn vor sich
führen und ergötzt sich daran, wie er die tüchtigen deutschen Heerführer
unter den Tisch trank. Bei einem dieser Gelage kam einmal die Rede auf
feuerspeiende Berge. Der hochgelehrte Kaiser äußerte, ein wackerer Mann
würde große Ehre erringen, wenn er in den Schlund des Kraters
hinabsteigen würde, um zu erforschen, wie es drunten beschaffe sei. Das
hielten viele für eine vermessene Rede. Der mutige Flittert aber
erklärte, hinab zusteigen, und wenn es die Hölle selber sei. Er machte
sich auch sofort auf den Weg zu den damals ruhigen Vesuv, trank, dort
angekommen, verschiedene Kannen Wein und stieg dann hinab. Lange harrte
man seiner Rückkehr, aber vergebens. Als nun am nächsten Tage der Berg
wieder zu toben anfing, war sein Tod gewiß.
Zu derselben Zeit fuhr Konrad (so berichtet Cäsarius von Heisterbach),
der Pfarrer von Rheinkassel (bei Worringen), mit andern Pilgern über das
Meer. Da hörten sie, als sie am Berge Vulkano vorüber segelten, aus
denselben folgenden Ruf ertönen: "Da kommt Bruno von Flittard; nehmt
ihn auf". Der Pfarrer sagte zu seinen Mitreisenden: "Ihr seid
alle Zeugen, dass wir diesen Ruf vernommen haben", und schrieb in
Gegenwart aller Tag und Stunde auf, wobei er sagte: "Sicher ist Herr
Bruno gestorben". Bei ihrer Heimkehr von Jerusalem begegneten sie
unterwegs etlichen Landsleuten, und auf ihre Erkundigung, wie es jenem
Bruno gehe, erfuhren sie seinen Tod. Als sie nach der Zeit seines Todes
fragten, zeigt es sich, dass er an demselben Tage gestorben war, an dem
sie jene Stimme gehört hatten.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Der zweite Bruno von Flittard
Jener Bruno hinterließ einen Sohn gleichen Namens, er hinterließ ihm
auch seine Laster; denn der junge Bruno war den Vater ähnlich an Habgier,
Unterdrückung der Armen und Ausschweifungen aller Art.
Auch er diente dem Grafen von Berg als Schenk. Als bei seinem Tode eine
Besessene, die bereits vom Teufel befreit war, nach fünf Tagen wieder von
demselben gequält wurde, fragt man denselben: "Wo bist Du inzwischen
gewesen? Und warum bist Du zurückgekommen?" Der Teufel erwiderte:
"Wir haben ein großes Fest gehabt und waren bei den Tode Brunos von
Flittard versammelt wie der Sand am Meere. Dann brachten wir die Seele
unter großem Jubel in die Hölle, und an dem ihr gebührenden Ort reichten
wir ihr den höllischen Becher" (so erzählt Cäsarius von
Heisterbach.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Ritter Eberhard
Zur gleichen Zeit ist in derselben Gegend ein Ritter Eberhard
gestorben, ein ebenso verbrecherischer Mensch, wie Bruno von Flittard. Um
Mitternacht richtete sich zum Entsetzen der Anwesenden die Leiche des
Ritters, nicht durch eigene, sondern durch die Macht des Teufels,
plötzlich in die Höhe. In der Furcht vor weiterem teuflischen Blendwerke
sorgten die Verwandten Eberhards dafür, dass die Leiche in das Totenkleid
gehüllt und beerdigt wurde.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Iddelsfelder Hardt
Die zwei Frauen
Viele Sagen knüpfen sich an diese alte Begräbnisstätte. Zwischen
Mielenforst und Iddelsfelder Hardt schreiten auf der Heide zwei Frauen in
dunkler Nacht dahin und ängstigen die verspäteten Wanderer. Die eine Frau
ist ganz schwarz gekleidet, während die andere in blendender weißer
Pracht prangt.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Die schneeweiße Jungfrau
Zu Mielenforst am Bildstock, nicht weit von voriger Stelle, geht zu
nächtlicher Weile eine schneeweiße Jungfrau hin und her, wie das alte
Leute, die es gesehen haben, bezeugen können.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Spielkässer und der Teufel
Spielkässer, der im Rheinlande noch in gutem Andenken steht, der jedes
Fest durch sein Fiedelspiel verherrlichen half, fuhr einst von seinem
Wohnorte, dem Birkenhahnenberg bei Steinbüchel, nach Siegburg zum
Schützenfeste. Gegen Mitternacht fuhr er über die Iddelsfelder Hardt, wo
es nicht geheuer sein soll. Doch war er ohne Furcht, da er seine Büchse
geladen bei sich auf dem Wagen hatte. Wie er so an einem Gehölz vorüber
fährt, taucht plötzlich eine dunkle Gestalt vor ihn im Wege auf. Die
Rosse scheuen und bäumen sich, so dass der Künstler sie nur mit Mühe
halten kann. "Wer steht da mitten in der Straße?" "Ich
bin's", sagte der Dunkle, "ich muß noch vor Hahnenkraht
nach Urbach und nach Troisdorf. Der Weg ist weit, du könntest mich
mitnehmen". "Wohlan, so räume den Weg vorn und springt hinten
auf!" ruft Kässer. Der Schwarze verschwindet vorn und springt hinten
in den Wagen. Die Rosse, die eben sich gebäumt, rennen nun wie toll, so
dass der Spielmann sie kaum zügeln kann. Als er aber zu fluchen beginnt,
werden sie plötzlich zahm und schlagen die gewohnte Straße ein. Alsbald
beginnt der Gesell, den er aufgenommen, ein Gespräch mit ihm und fragt,
was er in der Hand führe bei dieser Nachtfahrt. "Nun",
entgegnete der Spielmann, "es ist ein Weihewedel, mit dem ich
manchmal den Segen zu erteilen pflege. Dieser fruchtet bei Menschen und
Vieh; schade ist's, dass mancher nicht mehr davon bekommen hat".
"Hum", sagte der Gesell, "was hast du da in dem Bündel
eingewickelt?" "Das ist ein Kreuz von wunderbarer Kraft, das
ich mit mir führe. Wenn ich das an den Hals lege und mit meinem Finger
andächtig betaste, kann ich die bösen Geister alle bannen". Der
Schwarze, der die Hand schon nach dem Bündel ausgestreckt hatte, zog sie
jetzt scheu zurück, deutete auf die Büchse, die an der linken Seite des
Spielmannes ruhte, und fragte, was dieses Werkzeug zu bedeuten habe.
"Das da", sagte Kässer, "ist meine Pfeife, aus der ich
meinen Tabak zu rauchen pflege". "Tabak?" sagte der
Schwarze. "Ich habe schon viel davon gehört, aber das Rauchen noch
nicht versucht, obwohl ich viel mir Feuer und Rauch umzugehen
pflege!" Der Taback war um diese Zeit noch selten, viele Leute
kannten das Rauchen nur vom hörensagen. Spielkasser hatte unterdessen
wohl gemerkt, wen er vor sich hatte, wollte dem Schwarzen einen Possen
spielen und sagte daher: "Wenn du es versuchen willst, steht dir die
Pfeife zu Diensten, sie ist bereits prächtig gestopft. Nimm nur das Rohr
in den Mund, ich will dann schon nachhelfen und Feuer machen". Der
Schwarze ließ sich da nicht zweimal sagen und schlug die Zähne um die
Mündung der Büchse, während Kässer los drückte. Auf den furchtbaren Knall
musste der Teufel gewaltig niesen. Die Kugel, die er zwischen den Zähnen
einige mal hin und her schob, spie er dann aus und sprach: "Du hast
starken Tabak und bist ein tüchtiger Kerl! Ich dachte, dich hier etwas zu
hänseln, ich sehe aber, dass ich an dir meinen Mann gefunden habe. Fahre
ruhig deiner Wege". Hiermit sprang der Schwarze vom Wagen und
behelligte den Fiedler nicht weiter.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Merheim
Beerdigungen
Bei Beerdigungen wurden früher die Leichen zum Friedhofe gefahren. Der
Sarg wurde auf zwei Strohbündel gelegt und zwar dergestalt, dass die Füße
des Toten nach vorne zu liegen kamen. Auf diesen Sarg setzte sich dann
stets die Leichenbitterin, die, obgleich das Begräbnis am hellen Mittage
stattfand, eine brennende Leuchte in der Hand trug. Der Fuhrmann schritt
stumm neben dem Wagen einher, während die Frau oben mit lauter Stimme
alte Gebete her sagte. Am Friedhofe hielt der Wagen, der Sarg wurde auf
die Bahre gesetzt und von den Freunden des Verblichenen wenigstens
einmal, bei angesehenen Toten aber dreimal um die Kirche und dann zum Grabe getragen. Der Fuhrmann, der
die Leiche gefahren hatte, musste nun den Wagen so nach Haus zu fahren
suchen, dass die Strohbündel, worauf der Sarg gelegen, nicht mit in den
Hof zurück gelangten, weil sonst Krankheit und Tod hereingebracht würden;
auch durfte er sie nicht eigenhändig abwerfen, weil er sonst von Übel
befallen werden konnte. Er suchte sich daher die holperigsten Wege aus
und fuhr auf diesen mit großer Eile, um so die verhängnisvollen Bündel
durch das Schüttern des Gefährts zu verlieren.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Schluchter Wald
Die Hexen
Auch Sagen knüpfen sich an den Schluchter Wald. Eine derselben erzählt
von Hexen, die als Katzen in einer Mühle erschienen. Die Hardmühle war
ehemals eine Ölmühle, auf der ein Knecht bei Tage und ein anderer Knecht
bei Nacht arbeitete, da man damals noch keine Dampfkraft anwandte.
Allnächtlich um zwölf Uhr erschienen nun in der Mühle Katzen. Sie
strichen ruhig herein und ließen den Müllerburschen unangefochten. Doch
wurde diesem die Sache immer unheimlicher, und er beschloss zuletzt, dem
Dinge ein Ende zu machen. Jemand belehrte ihn, einen blanken Säbel
mitzunehmen und mit Kreide einen Kreis um sich zu ziehen, wenn die Katzen
wieder erscheinen würden. Der Bursche merkte sich alles genau und
befolgte diese Weisungen schon in der folgenden Nacht. Genau zur
Mitternachtsstunde erschienen sie. Es gelang ihm, einer von ihnen ein
Bein abzuschlagen. Am nächsten Morgen hörte er, dass eine Frau in der
Nachbarschaft schwer krank danieder liege, da sie ein Bein verloren
habe.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Hexenwieschen
In der Nähe dieser Mühle bezeichnet man heute eine kleine Wiese als
"Hexenwieschen". Auch dort sind oft unheimliche Katzen um die
Leute herumgestrichen, doch ohne ihnen Leid zuzufügen.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Stammheim
Wie das Muttergottesbild nach Stammheim kam
Die Überlieferung berichtet, dass das wundertätige Bild bei einer
Rheinüberschwemmung vor vielen hundert Jahren nach Stammheim gekommen
sei.
Es war ein harter Winter, und tiefer Schnee deckte das weite Rheinland.
Da kamen milde Märztage, und der Schnee auf den Bergen und in den Ebene
schmolz. Die Bäche und Flüsse schwollen, und der Rhein trat verheerend
über die Ufer. An seinem Gestade (wo ist nicht bekannt) stand ein altes
Kapellchen, und in demselben hing ein altes Bild. Das Kapellchen stürzte
im wilden Wogenprall, und das Holzbild schwamm in den Rheinfluten dahin.
Als es an Stammheim vorbei trieb, blieb es dem Orte gegenüber an den
Wurzeln einer alten Weide hängen. Man holte es herbei, brachte es nach
Mülheim und stellte es auf dem Altare der Kirche. So oft man es auch
aufstellte, immer fand man es morgens auf der Erde liegend. Daraus
erkannte man denn, dass das Bild nicht für Mülheim bestimmt sei. Man trug
es wieder zum Rheine hin und legte es ins Wasser. Es trieb abwärts und
wieder blieb es bei Stammheim an jener Weide hängen. Daraus schloss man,
dass das Bild für Stammheim bestimmt sei. Man stellte es hier in der
Kirche auf, und bald wurde Stammheim ein berühmter Wallfahrtsort.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Das Holzkreuz zu Stammheim
Zu Stammheim am Rhein ein Holzkreuz ragt, Und früh schon, wenn kaum
der Morgen tagt, Von Wiesdorf kommt Niels Steffen daher Und geht an sein
Tagewerk, das mühsam und schwer. Doch eh' in die Scholle die Hacke er
haut, Vertrauend er auf zu dem Kreuzholz schaut. Er zieht seine Mütze und
faltet die Hände Und betet um Segen für Anfang und Ende. Und sticht ihm
am Mittag die Sonne zu heiß, Wischt weg von der Stirne Niels Steffen der
Schweiß. Er bricht sein Brot dann. Es ruht sich gut, Wenn man im Schatten
des Kreuzes ruht. Doch wandert der Abend mit segnender Hand Über das
heimlich erschauernde Land, Dann putzt Niels Steffen den Spaten hübsch
blank, Sieht aufwärts zum Kreuze und spricht seinen Dank Und wandert nach
Hause, wo Weib und Kind Um den Tannentisch versammelt sind. So Jahr um
Jahre. Das Kreuz ward alt, Und krumm ward Niels Steffens hohe Gestalt.
Doch seine Schmerzen zum Kreuzholz er trug. Und wenn er wo hatte das
Glück erschaut, Auch das hat er gläubig dem Kreuz anvertraut.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Doch einst kam eine Nacht, die hat Niels Steffen mit Bangen durch
wacht. Das Eis stand bei Köln. Da trat Tauwetter ein, und von Mosel und
Main wurde Treibeis gemeldet. Doch das Grundeis bei Köln hielt stand, und
da trat oberhalb Köln der Fluss über die Ufer und überschwemmte Mülheim,
Stammheim und Wiesdorf. Auch Niels Steffens Haus stand mitten im See, er
kletterte mit Frau und Kindern aufs Dach und spähte und rief nach
Rettung. Das Häuschen aber bebte und wankte fortwährend unter dem Stoße
der treibenden Eisschollen. Da kam ein Nachen vorbei, Niels Steffen rief
und bat um Hilfe, doch der Nachen war besetzt und konnte keinen mehr
aufnehmen, Da in der höchsten Not riefen die Kinder: "Vater, Vater,
was kommt da - da - da?" Es war das Kreuz von Stammheim, das die
Eisschollen gestürzt und nun mit sich trieben, Und das Kreuz trieb
langsam heran und wand sich durch Die Schollen zu Steffen hin.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Und es klammerte sich Steffen mit Weib und Kind An das rettende
Kreuzholz. Das trägt sie lind Und sicher durch Schollen und Wellenschwall
An den Strand, wo versammelt die Freunde all. Die nehmen an ihrem Jubel
teil Und sagen alle: "Im Kreuz ist Heil!"
aufgezeichnet von Johann Bendel
Die weiße Frau von Stammheim
In der Burg zu Stammheim wohnten einst zwei Ritter, wovon der eine
Hugo, der andere Günter hieß. Als einst der erstere sich auf einer Reise
über See befand, führte dessen Dienstmagd eines Abends seine drei Kinder,
bevor sie zu Bett gingen, in den Burghof. Als die Magd eben bei dem
Knaben stand, da erschien ihr eine schauerliche Frauengestalt in
schneeweißen Anzuge mit bleichen Zügen und blickte starr auf sie hin über
den nahen Zaun. Da sie Gestalt nicht sprach und die Magd vor deren
Anblick sich entsetzte, kehrte die Erscheinung, nachdem sie eine Weile
Hugos Besitzungen betrachtet, langsam nach dem Leichhofe, von wo sie
hergekommen, zurück. Nach Verlauf von einigen Tagen sprach das älteste
kränkelnde Kind Günters: "Nach sieben Tage werde ich sterben, und
nach sieben anderen Tagen wird meine Schwester, die Rina, sterben, und
noch eine Woche später wird die Kleinere uns folgen."
Was der Knabe vorausgesagt, ging auch in Erfüllung; und es starben nach
dem Tode dieser Kinder auch bald deren Mutter und die oben erwähnte Magd.
Zur selbigen Zeit starb Ritter Hugo und dessen Sohn, welches Cäsarius um
das Jahr 1220 also berichtet.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Die Zwerge schiffen über den Rhein
Die Quergskuhl (Zwergengrube) bei Herrenstrunden ist dort jedermann
bekannt, Wölbungen, Höhlen und lange Gänge ziehen sich tief in die Erde
hinein.
Dort hausten ehemals die Querge oder Zwerge. Alte Leute haben mit ihnen
regen Verkehr unterhalten, Sie liehen Kochgeschirre von ihnen und
stellten sie ihnen, sauber geputzt, wieder zu. Die Zwerge vermochten auch
Feuer anzuzünden, ohne dass die Scheune brannte. Für einen Schuhmacher in
der Nachbarschaft verfertigten sie regelmäßig nachts Schuhe und Stiefel.
Lange ließ er sie ungestört bei der Arbeit. Eines Tages aber beschloss
er, ihnen zu danken. Er verfertigte ein Paar zierliche Schuhe und stellte
sie in die Werkstube. Als nun am Abend ein alter Zwerg kam, um in
gewohnter Weise seine Arbeit vorzunehmen, gewahrte er die Schuhe. Er nahm
sie und kam nie wieder. Nach anderen Mitteilungen verließen die dortigen
Zwerge die Gegend, als das Christentum eingeführt wurde, denn sie waren
Heiden und "konnten das Läuten der Kirchenglocken nicht
vertragen." Bei Stammheim setzten sie über den Rhein. Es waren ihrer
so viele, dass der Zug mehrere Tage und Nächte dauerte. Es war damals
üblich, dass die Fähre von jedem eine Kupfermünze von bestimmten Gewicht
als Zoll erhielt. Als alle Zwerge über gesetzt waren, hatte der Ferge
einen ganzen Scheffel solcher Münzen eingenommen. So erzählt noch heute
der Volksmund.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Strunden
Das unheimliche Licht am Wasser
Auch von einem unheimlichen Lichte am Wasser erzählt die Sage. Ein
Knecht diente in Berg. Gladbach. Er fuhr Kohlen und Kalk zwischen
Gladbach und Strunden. So kam er auch wieder eines Abends mit einer Fuhre
Kohlen durch das Thielenbruch bei Strunden. Dort befand sich an einem
kleinen Bache eine Tränke für die Pferde. An dieser Stelle gewahrte der
Fuhrmann ein brennendes Licht. Fast erstarrt war er vor Schrecken, doch
stumm und wortlos zog er sein Pferd mit sich und eilte in größter Hast
dem nahen Orte zu.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Das unheimliche Licht auf dem Karren
Von einem anderen Lichte erzählt die Sage also: Ein Knecht aus
Strunden war abends immer saumselig, nach Hause zu kommen. Oft war der
Abend schon weit vorgerückt, ehe er im Stalle seines Herrn eintraf. Da
setze sich ihn eines Abend ein Licht hinten auf den Karren und leuchtete
ihm. Seit diesem Tage machte er sich immer frühzeitig heim.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Der glühende Ofen im Walde
Selbst von einem glühenden Ofen berichtet die Sage. Ein Fuhrmann zog
einst noch spät am Abend mit seinem Fuhrwerke von Berg. Gladbach nach
Strunden. Als er in die Nähe von Strunden kam, war es bereits Mitternacht
geworden. Er befand sich gerade in einem Walde, als er plötzlich in
demselben einen glühenden Ofen erblickte. Voll tödlichen Schreckens trieb
er sein Pferd zur äußersten Eile an und erreichte bald schweißtriefend
sein Heim.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Thurner Heide
Der Nebelkater Niff
Auf der Thurner Heide geht die Sage von einem riesenhaften,
gespenstischen Katzenungetüm, dem Nebelkater Niff, von den aber niemand
etwas Genaueres anzugeben weiß.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Der Heidenkönig
An vielen Stellen der Heide von Thurn weiß man von einem heidnischen
König zu berichten, der irgendwo begraben sein soll. Die Stelle des
Grabes ist unbekannt. Nach einigen Angaben ist dieser König mit einem
großen Schatze begraben worden, nach anderen ruht er in einem silbernen
Sarge.
aufgezeichnet von Johann Bendel
Falls jemanden inhaltliche Fehler auffallen sollten, würde ich mich über eine Email (h-felder@h-felder.de) sehr freuen.